Autor

IT-P GmbH

Kategorie

Veröffentlicht am

13.06.2025

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) tritt ab Ende Juni 2025 in Kraft

Am 28. Juni 2025 tritt in Deutschland das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Es verpflichtet Unternehmen zur Umsetzung verbindlicher Barrierefreiheitsanforderungen für bestimmte Produkte und Dienstleistungen, insbesondere im digitalen Bereich. Das Ziel besteht darin, die Barrierefreiheit für Verbraucherinnen und Verbraucher nachhaltig zu verbessern und Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zu digitalen Angeboten zu ermöglichen.

Ab 28. Juni 2025: Das müssen Unternehmen wissen

Ende Juni müssen alle Produkte und Dienstleistungen, die in den Verkehr gebracht werden, den Anforderungen des BFSG entsprechen. Zur Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen zählen unter anderem digitale Angebote, Selbstbedienungsterminals, interaktive Selbstbedienungsterminals, Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr und barrierefreie Websites. Genauer gehen wir im nächsten Kapitel darauf ein. Die  konkrete Ausgestaltung orientiert sich an der Norm EN 301 549, den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 sowie den im Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen definierten Richtlinien für barrierefreie Webinhalte.

Welche Unternehmen und Dienstleistungen fallen unter das BFSG?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) richtet sich an eine breite Gruppe von Unternehmen, die Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucherinnen und Verbraucher anbieten. Dazu zählen Hersteller, die Produkte wie Computer, Smartphones, Bankautomaten oder E-Book-Lesegeräte herstellen, ebenso wie Händler, die diese Produkte vertreiben. Auch Anbieter von digitalen Dienstleistungen, etwa Online-Shops, Buchungsplattformen, Bank- und Telekommunikationsdienste, fallen unter das Gesetz. Importeure, die Produkte aus dem Ausland auf den deutschen Markt bringen, sind ebenfalls verpflichtet, sicherzustellen, dass diese Produkte den Barrierefreiheitsanforderungen entsprechen. Das Gesetz gilt also für alle, die solche Produkte oder Dienstleistungen für Endkunden bereitstellen, unabhängig davon, ob sie diese selbst herstellen oder lediglich vertreiben.

Eine wichtige Ausnahme besteht allerdings für Kleinstunternehmen, die ausschließlich Dienstleistungen anbieten. Unternehmen, die weniger als zehn Beschäftigte haben und deren Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme jeweils höchstens zwei Millionen Euro beträgt, sind von den Anforderungen des BFSG befreit – aber nur, wenn sie keine Produkte, sondern ausschließlich Dienstleistungen anbieten. Diese Ausnahme gilt nicht für Kleinstunternehmen, die Produkte herstellen, importieren oder verkaufen. Sobald ein Kleinstunternehmen Produkte anbietet, muss es die Barrierefreiheitsanforderungen einhalten, unabhängig von seiner Größe oder seinem Umsatz.

Für Unternehmen, die sowohl Produkte als auch Dienstleistungen anbieten, ist es daher wichtig, genau zu prüfen, in welchem Bereich sie tätig sind und ob die Ausnahme für sie greift. Insgesamt sorgt das BFSG dafür, dass Barrierefreiheit im Alltag und in der digitalen Welt für Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend zur Selbstverständlichkeit wird. Unternehmen sind verpflichtet, ihre Angebote entsprechend anzupassen und sicherzustellen, dass niemand aufgrund von Barrieren ausgeschlossen wird.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz wird Standard

Betroffene Unternehmen müssen nachweisen, dass ihre Produkte und Dienstleistungen barrierefrei gestaltet sind. Die Barrierefreiheit wird damit zum verbindlichen Standard. Die Umsetzungspflicht gilt auch für bestehende Angebote. Es ist eine Übergangsfrist vorgesehen: Bestehende Inhalte dürfen bis Juni 2030 weiterhin genutzt werden, sofern sie bis dahin angepasst werden. Für Selbstbedienungsterminals beträgt die Übergangsfrist 15 Jahre.

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Kontrolle und Sanktionen bei Verstoß

Die Kontrolle der Einhaltung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) liegt bei einer zentralen Marktüberwachungsbehörde, die ab dem 28. Juni 2025 in Magdeburg ihren Sitz haben wird. Diese Behörde überprüft sowohl proaktiv als auch auf Beschwerde hin, ob Produkte und Dienstleistungen die gesetzlichen Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen. Die Überwachung erfolgt dabei stichprobenartig, aber auch gezielt, wenn Hinweise auf Verstöße vorliegen. Im Prüfverfahren unterscheidet die Behörde zwischen formaler Kontrolle, bei der Dokumente wie Konformitätserklärungen geprüft werden, und einer materiellen Kontrolle, bei der die tatsächliche Barrierefreiheit in der Praxis begutachtet wird.

Stellt die Marktüberwachungsbehörde einen Verstoß fest, wird das betroffene Unternehmen zunächst aufgefordert, innerhalb einer angemessenen Frist die Konformität herzustellen. Kommt das Unternehmen dieser Aufforderung nicht nach, kann die Behörde verschiedene Sanktionen verhängen. Dazu zählen Bußgelder von bis zu 100.000 Euro, Vertriebsverbote sowie Rückrufe der nicht konformen Produkte oder Dienstleistungen. In besonders schwerwiegenden Fällen kann die Bereitstellung des Produkts oder der Dienstleistung sogar vollständig untersagt werden. Die Sanktionen sind gestuft und sollen Unternehmen dazu anhalten, die gesetzlichen Anforderungen zeitnah umzusetzen.

Verbraucherinnen und Verbraucher, die Barrieren feststellen, können sich direkt an die Marktüberwachungsbehörde wenden, die dann das weitere Vorgehen prüft. Die Behörde informiert zudem alle relevanten Stellen in der Lieferkette und dokumentiert Verstöße in einem Verzeichnis. Damit wird sichergestellt, dass die Barrierefreiheitsanforderungen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch praktisch durchgesetzt werden.

Unterstützung durch die Bundesfachstelle Barrierefreiheit

Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit unterstützt Unternehmen bei der Umsetzung der Vorgaben des BFSG durch Beratung und Informationsmaterialien. Diese müssen eine Erklärung zur Barrierefreiheit veröffentlichen und eine einfache Möglichkeit zur Rückmeldung von Barrieren anbieten. Die Details und technischen Anforderungen sind in einer Verordnung zum BFSG festgelegt. Unternehmen sind verpflichtet, die Einhaltung der Vorgaben zu prüfen, zu dokumentieren und bei Bedarf nachzuweisen. So wird Barrierefreiheit praxisnah umgesetzt und für alle zugänglich gemacht.

Viele Unternehmen sind betroffen und müssen handeln

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) bedeutet einen grundlegenden Wandel für die digitale und gesellschaftliche Teilhabe in Deutschland. Damit wird Barrierefreiheit für zahlreiche Produkte und Dienstleistungen zur gesetzlichen Pflicht – und das gilt nicht nur für große Konzerne, sondern auch für viele kleine und mittlere Unternehmen. Wer digitale Angebote, elektronische Geräte oder bestimmte Dienstleistungen für Verbraucher bereitstellt, muss künftig gewährleisten, dass diese für alle Menschen zugänglich sind. Die Zeit der freiwilligen Umsetzung ist vorbei, denn Barrierefreiheit wird zur verbindlichen Voraussetzung für den Marktzugang.

Unternehmen, die sich frühzeitig vorbereiten, profitieren von Rechtssicherheit, stärken ihre Marke und erschließen neue Zielgruppen. Wer die Anforderungen ignoriert, riskiert hingegen empfindliche Sanktionen wie Bußgelder, Vertriebsverbote oder Rückrufe. Die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema wächst und damit auch die Erwartung an inklusive Angebote. Deshalb sollten auch kleinere Anbieter jetzt prüfen, ob sie vom BFSG betroffen sind, und rechtzeitig Maßnahmen ergreifen. Das Gesetz schafft klare Standards und sorgt für mehr Chancengleichheit im digitalen Zeitalter. Barrierefreiheit ist damit kein „Nice-to-have“ mehr, sondern ein Muss für jedes zukunftsfähige Unternehmen.

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