Prozessoptimierung steht heute auf der Tagesordnung erfolgreicher Unternehmen. Viele Unternehmen stehen jedoch vor der großen Herausforderung, den ersten Schritt in Richtung Prozessoptimierung zu gehen. Oft scheint es schwierig, den Überblick über komplexe Prozesse zu behalten und Engpässe zu identifizieren. Genau hier setzt die SIPOC-Analyse an. Die SIPOC-Methode bietet eine klare und strukturierte Darstellung von Geschäftsprozessen und hilft Unternehmen, den Einstieg in die Prozessoptimierung zu meistern. In diesem Blogbeitrag werde ich näher darauf eingehen, wie die SIPOC-Methode dabei helfen kann, den ersten Schritt zu tun und den Weg zu mehr Effizienz und Kundenzufriedenheit zu ebnen.
Sie möchten Ihre Prozesse dokumentieren, analysieren, optimieren und vielleicht sogar automatisieren? Und Sie wissen noch nicht genau, wie das gehen soll, weil z.B. Ihre Prozessdokumentation nicht sehr aussagekräftig ist? Dann kann es sinnvoll sein, die Prozesse zunächst auf der Makroebene zu betrachten, bevor das große BPMN- (Business Process Model Notation) oder ePK-Modell (ereignisgesteuerte Prozesskette) entworfen wird. Für die Prozessbetrachtung auf der Makroebene gibt es verschiedene Möglichkeiten, z.B. die Brown-Paper-Methode, ein einfaches Flussdiagramm oder die SIPOC-Analyse. Letztere möchte ich Ihnen heute anhand eines Beispiels vorstellen. Die beiden anderen Methoden folgen in weiteren Artikeln.
SIPOC steht für Supplier, Input, Process, Output und Customer. Mit der SIPOC-Analyse können Sie auf einfache Weise Ihre Prozesse durchgängig beschreiben und sich so einen schnellen Überblick verschaffen. Im Folgenden stelle ich Ihnen die SIPOC-Analyse anhand eines Beispiels vor. Zunächst erfolgt jedoch eine Einführung in das Thema.
Die SIPOC-Analyse: Was sollte ich beachten
Zunächst etwas zur historischen Einordnung. Die SIPOC-Analyse stammt ursprünglich aus Six Sigma und wird dort bei der Auswahl des zu verbessernden Prozesses in der sogenannten Define Phase des Projektes eingesetzt. Sie ist außerhalb von Six Sigma sehr hilfreich bei der Prozessanalyse. Wie bereits erwähnt, kann sie sowohl zur erstmaligen Beschreibung von Prozessen als auch zur Aufdeckung von Schwachstellen in bestehenden Prozessen verwendet werden, wie z.B.
- unklare Ziele des Prozesses
- fehlende Prozessschritte
- nicht definierte Start- und Endpunkte des Prozesses.
- Konflikte bei internen (z.B. Regeln und Vorschriften) und externen Prozessanforderungen (z.B. Kundenwünsche)
- unklare Zuständigkeiten
- unterschiedliches Verständnis des Prozesses
Das Tool ist bewusst klein gehalten, um die Prozesse möglichst aus der Vogelperspektive betrachten zu können. Schaut man sich an, wie ein SIPOC-Analyse-Template in der Regel aussieht, so entsteht zunächst der Eindruck, dass es schnell ausgefüllt sein sollte.
Unterschätzen Sie nicht den Zeitaufwand für diese Analyse. Sie sollten genügend Raum für eine sorgfältige Bearbeitung einplanen. Zudem handelt es sich nicht um ein isoliertes Instrument, das Sie alleine im stillen Kämmerlein ausfüllen können – im Gegenteil: Der eigentliche Mehrwert entsteht im gemeinsamen Austausch. Daher ist es wichtig, die richtige Anzahl an Prozessbeteiligten einzuladen. Erfahrungsgemäß liegt die ideale Gruppengröße zwischen drei und sechs Personen. So bleibt die Veranstaltung auch bei intensiveren Diskussionen gut steuerbar. Denn Prozesse sind weit mehr als abstrakte Abläufe – sie haben oft eine hohe emotionale Bedeutung für die Beteiligten, sei es als Verantwortliche oder als Ausführende. Sie prägen den Arbeitsalltag, stiften Sinn und stellen gleichzeitig vertraute Routinen in Frage, die nicht selten mit einer gewissen Skepsis hinterfragt werden.
Um einen produktiven Rahmen zu gewährleisten, empfiehlt es sich, die Moderation einer neutralen Person zu übertragen – sei es aus einer anderen Abteilung oder von einem externen Dienstleister. So können sich alle Beteiligten voll und ganz auf den Prozess konzentrieren. Die Hauptaufgabe der Moderation besteht nicht nur in der strukturierten Gesprächsführung, sondern auch in der Sicherstellung einer konstruktiven Atmosphäre. Dazu gehört unter anderem, dass alle Beteiligten zu Wort kommen, unterschiedliche Perspektiven respektiert werden und eine offene, lösungsorientierte Diskussion stattfindet.
Die SIPOC-Analyse konzentriert sich bewusst auf fünf bis sieben zentrale Hauptprozessschritte – eine detailliertere Betrachtung würde den Rahmen sprengen. Es kann eine Herausforderung sein, sich auf die wirklich relevanten Schritte zu einigen, aber es lohnt sich, das eigentliche Ziel nicht aus den Augen zu verlieren: ein Prozessmodell zu entwickeln, das Schwachstellen sichtbar macht. Dazu gehören zum Beispiel unklare Ziele, fehlende oder unnötige Prozessschritte, unklare Start- und Endpunkte, Konflikte zwischen internen und externen Anforderungen sowie unklare Verantwortlichkeiten oder ein uneinheitliches Verständnis der Prozesse. Sind diese Schwachstellen identifiziert, haben Sie bereits eine solide Grundlage geschaffen, um Ihre Prozesse gezielt zu optimieren und effizienter zu gestalten.

Der SIPOC-Leitfaden für effektive Prozessanalysen in Ihrem Unternehmen
Die SIPOC-Analyse: Wie bediene ich das Template?
Zunächst einige Erläuterungen zu den Inhalten des Templates. Das Template hat fünf Spalten in denen die folgenden Dinge beschrieben werden:
- Customers: diese Spalte befindet sich ganz rechts und beschreibt, wer der Empfänger des Outputs, also der Kunde in diesem Prozessschritt ist
- Outputs: diese Spalte beschreibt, was das Ergebnis der beschriebenen Aktivität ist, also das, was der Kunde erhält
- Process: in dieser Spalte ist der Prozessschritt beschrieben, der aus den Inputs, die die Suppliers zuliefern einen für den Kunden sinnvollen Output macht
- Inputs: hier werden die Inputs beschrieben, die der Supplier zuliefert
- Suppliers: Diese Spalte beschreibt den oder die Zulieferer
Der Prozess wird jeweils von oben nach unten gelesen. Pro Prozessschritt ist jeweils eine Zeile vorgesehen. Die Eintragungen in den Spalten „Customers“, „Outputs“, „Inputs“ und „Suppliers“ können pro Prozessschritt mehrere Punkte enthalten. Daher finde ich es hilfreich, die Zeilenüberschriften auch in der Mehrzahl zu wählen.
Wenn Sie im Internet recherchieren, werden Sie verschiedene Empfehlungen finden, in welcher Reihenfolge Sie das Modell ausfüllen sollten. Jede Vorgehensweise hat ihre Berechtigung, je nachdem, wie Sie Ihre Prozesse sehen. Wenn Sie sich eher auf den Workflow konzentrieren, ist es vielleicht sinnvoll, zuerst die einzelnen Prozessschritte in der Mitte von oben nach unten zu füllen und dann die anderen Spalten Zeile für Zeile von rechts nach links.
Sie können aber auch zunächst die vier Spalten „Kunden“, „Outputs“, „Inputs“ und „Lieferanten“ jeweils von rechts nach links ausfüllen und die Prozessschritte als letztes. Dies kann hilfreich sein, um den Prozessschritt korrekt zu beschreiben. Wie auch immer Sie vorgehen, ein Prinzip bleibt immer gleich: Die Zeilen werden immer von links nach rechts gefüllt. Denn das Ziel eines Prozesses ist immer, einen wie auch immer gearteten Kunden zufrieden zu stellen. Das kann ein interner oder ein externer Kunde sein, und dieses Prinzip gilt für Management-, Wertschöpfungs- und Unterstützungsprozesse gleichermaßen. Daher ist es wichtig, sich immer zu fragen, wessen Bedürfnis eigentlich befriedigt werden soll. Es ist nicht ungewöhnlich, dass dies nicht immer klar ist. Genau für solche Situationen ist die SIPOC-Analyse gedacht.
Achten Sie immer darauf, die Prozessschritte als Aktivität zu beschreiben, also z.B. „Tisch decken“ und nicht „gedeckter Tisch“ oder ähnliches. So können Sie leicht erkennen, ob es sich tatsächlich um eine Aktivität handelt, die aktiv durchgeführt wird und dementsprechend auch einen Output hat. Modellieren Sie konsequent nur den Happy Path. Subprozesse, Verzweigungen etc. können Sie sich für die spätere Detailmodellierung aufheben.
Noch ein kleiner Hinweis, der nicht fehlen sollte: Sie können die SIPOC-Analyse auch ganz bewusst einsetzen, wenn Sie einen wirklich verzwickten Prozess haben, bei dem sich niemand einig ist, wie er sein soll und was das Ziel des Ganzen ist. So können z.B. auch teaminterne Streitigkeiten relativ neutral visualisiert und eine Lösung für die zukünftige Bearbeitung gefunden werden.
Die SIPOC-Analyse: Ein praktisches Beispiel
Nun zu einem praktischen Beispiel für eine SIPOC-Analyse.
Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein Käsebrot essen und Sie haben keine der Zutaten im Haus.
Grob betrachtet besteht der Prozess aus vielen Teilprozessen:
- Das Backen des Brotes
- das Herstellen des Käses
- das Herstellen der Butter
- die Weitergabe der hergestellten Produkte an den Einzelhandel
- der Kauf der Lebensmittel durch die Konsument*in
- Schmieren des Käsebrots
Könnte man das noch erweitern? Was ist mit den Kühen, die die Milch geben, was mit dem Getreide, das angebaut werden muss, was mit der Herstellung des Mehls? Was passiert, nachdem man das Käsebrot gegessen hat? Was ist mit dem Abwasch? Was passiert mit dem Abwasser?
Sie finden, das ist jetzt ein bisschen viel? Ich auch, das ist ja fast eine Prozesslandkarte der Lebensmittelproduktion. Und das wollen wir ja gerade nicht. Schauen wir uns also den Teilprozess an, den wir wahrscheinlich alle gleich gut kennen. Wir schmieren uns ein Brot.
In der folgenden Abbildung sind die einzelnen Prozessschritte mit „Kunden“, „Outputs“, „Inputs“ und „Lieferanten“ dargestellt. Sie sehen, dass alle Spalten außer „Process“ oft mehrere Punkte enthalten. Hier gibt es keine Beschränkung. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sollten es jedoch nicht zu viele sein.
Dies ist ein Prozessbeispiel. Sicherlich gibt es Schritte, die Sie sich anders vorgestellt haben oder es fehlt ein entscheidender Punkt. Wichtig bei der Darstellung ist, dass Sie Ihren Prozess aus ausreichender Höhe betrachten. Sie sollten versuchen, nur die wesentlichen Prozessschritte zu beschreiben. In unserem Beispiel könnte man z.B. trefflich darüber streiten, ob die beiden Prozessschritte „Zutaten auspacken“ und „Brot schmieren“ wirklich getrennt dargestellt werden müssen.
Dokumentieren Sie Ihre Prozesse insgesamt so, dass Sie Schwachstellen erkennen können. Dazu kann es durchaus ausreichen, einzelne Prozessschritte wegzulassen oder zusammenzufassen. Wenn Sie aber z.B. in einem Ihrer gelebten Prozesse feststellen, dass ein Schritt immer wieder nicht oder nicht richtig abgearbeitet wird, dieser aber wichtig ist, damit der Prozess nicht ins Stocken gerät, dann sollten Sie diesen Schritt unbedingt beschreiben. Wenn Sie Zuständigkeiten, Inputs etc. klären, vermeiden Sie zukünftig z.B. die Produktion von Ausschuss und haben zufriedenere Kunden. Oder Sie ersparen sich ad hoc Reparaturprozesse, die zu Ressourcenengpässen führen.
Gerade aus den oben genannten Gründen ist es wichtig, eine SIPOC-Analyse immer gemeinsam durchzuführen, um den Prozess aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und wichtige Dinge nicht zu übersehen.
Ein paar Tipps zum Schluss
Es gibt kein richtig oder falsch – entscheidend ist, dass Sie die Methode so anwenden, wie es für Ihre Bedürfnisse am besten passt. Wichtig ist vor allem, dass Sie gemeinsam und strukturiert über Ihre Prozesse sprechen und die Ergebnisse nachvollziehbar dokumentieren. Mit einer erfolgreichen SIPOC-Analyse haben Sie nicht nur einen großen Schritt in Richtung einer detaillierten Prozessdokumentation getan, sondern gewinnen gleichzeitig mehr Klarheit über Ihre Abläufe. Sie hilft Ihnen, Schnittstellen und Verantwortlichkeiten besser zu verstehen und gezielt Optimierungspotenziale zu identifizieren.
Darüber hinaus sorgt dieser strukturierte Austausch dafür, dass alle Beteiligten ein gemeinsames Verständnis für die Prozesse entwickeln. Das erleichtert es später, Veränderungen effizient umzusetzen und Akzeptanz für Neuerungen zu schaffen. Häufig ergeben sich schon während der Analyse erste Ideen für Verbesserungen oder digitale Lösungen. Vielleicht erkennen Sie dabei sogar, wo Automatisierung sinnvoll wäre und welche Schritte vereinfacht werden können. So wird aus einer reinen Dokumentation eine wertvolle Grundlage für eine zukunftsorientierte und effizientere Arbeitsweise.