Wie können papierbasierte Prozesse digitalisiert und automatisiert werden, ohne dass ganze Abteilungen umorganisiert werden müssen? Am Anfang jeder Prozessbetrachtung sollte immer die Abschätzung des Aufwands im Verhältnis zum Nutzen stehen. Das folgende Beispiel einer fiktiven Reisekostenabrechnung zeigt, wie typische papierbasierte Prozesse durch Digitalisierung und Automatisierung abteilungsübergreifend optimiert werden können.
Digitalisierungswege
Im klassischen Prozessablauf sind jeder Person Aufgaben und damit verbundene Probleme innerhalb des Prozesses zugeordnet. Eine Mischlösung, bei der nur Teilaspekte digital abgewickelt werden, ist oft intransparent und umständlich. Steigt die Anzahl der Anfragen, führt dies zu einem erhöhten Arbeitsaufwand für alle Prozessbeteiligten. Eine Digitalisierung und damit einhergehende Automatisierung im Sinne einer modernen Geschäftsprozessautomatisierung löst gleich mehrere Probleme. Einmal implementierte automatisierte Prozesse erfordern deutlich weniger Arbeitsaufwand und sind besser skalierbar.
Kosten-Nutzen-Verhältnis
Für das Beispiel und die Kosten-Nutzen-Berechnung sind eine durchschnittliche Anzahl von 20 Reisekostenabrechnungen pro Woche bei einem Stundenlohn von 90 € gesetzt. Die vollständige Bearbeitung nimmt im Durchschnitt eine Stunde Arbeitszeit in Anspruch. Eine Automatisierung dieses Prozesses dürfte – so die Erfahrung aus vielen Projekten – ungefähr 70 Prozent Zeitersparnis bringen. Daraus ergibt sich folgende Rechnung:
- Anzahl Reisekostenabrechnungen: 20
- Aufwand in Stunden: 1
- Personalkosten pro Stunde: 90 €
- Summe Aufwand; 1.800 € pro Woche
Hochgerechnet auf ein Jahr ergeben sich bei 52 Wochen mehr als 90.000 € an Aufwänden bei nicht automatisierter Arbeitsweise. Nach der Optimierung ergibt sich im Idealfall ein Automatisierungsgrad von 70 %, was zu Ersparnissen in Höhe von 63.000 € führt. Anstelle der 90.000 € fallen dann nur noch Kosten in Höhe von 27.000 € an. Die einmaligen Anlaufkosten für die Automatisierung würden sich im Beispiel schon innerhalb eines Jahres amortisieren.
Prozessbeteiligte identifizieren
Im Rahmen der Prozessanalyse sind die Beteiligten zu ermitteln. Im Beispiel gibt es folgende Akteure:
- Antragsteller der Reisekostenabrechnung
- Mitarbeiter der Buchhaltung
- Genehmiger
Der nicht automatisierte Prozess der Reisekostenabrechnung bindet alle Akteure ein und umfasst unterschiedliche Aktionen, die von diesen durchzuführen sind. Der Antragssteller sammelt im ersten Schritt die Belege und fügt diese gebündelt einem Antragsdokument bei. Dieses Dokument reicht er an die Buchhaltung weiter. In einem manuellen Prozess prüft diese dann, ob alle Belege vorhanden sind beziehungsweise welche Inhalte fehlen. Gegebenenfalls sind Rückfragen von der Buchhaltung zu formulieren und diese Infos in einem Korrekturprozess zu verarbeiten.
Sind alle Dokumente und Belege vorhanden, wird die Buchhaltung die Reisekostenabrechnung zur Freigabe weiterleiten. Die Kostenstelle informiert dann den Antragssteller, ob der Antrag genehmigt oder abgelehnt wurde. Ist die Abrechnung genehmigt, wird zusätzlich die Rückerstattung der Reisekosten eingeleitet und der Betrag verbucht.
Optimale Prozessgestaltung aus Anwendersicht
Der Anwender wünscht sich einen möglichst geringen Aufwand. Daraus resultiert ein möglichst geringer Interaktions- und Kommunikationsaufwand mit anderen Prozessbeteiligten. Im Idealfall sollten die Belege direkt an die Buchhaltung und den Genehmigenden weitergeleitet werden, ohne dass der Anwender erneut eingreifen muss. Ein solcher Prozessablauf ist z.B. durch eine automatische Analyse der digitalisierten Belege möglich. Dabei werden Daten und Metadaten generiert und dem Antragsteller zur Verfügung gestellt. Der Antragsteller kann dann entscheiden, ob er die Reisekostenabrechnung in der vorgefertigten Form einreichen oder manuelle Anpassungen und Ergänzungen vornehmen möchte.
Im nächsten Schritt prüft ein automatisierter Eingangsprozess, ob alle Daten und Inhalte korrekt erfasst wurden. Fehlt etwas, gibt dieser automatisierte Prozess die Rückfragen automatisch an den Antragsteller zurück, ohne dass sich jemand aus der Buchhaltung mit der Reisekostenabrechnung beschäftigen muss. Fällt die Prüfung positiv aus, wird der Antrag zur Genehmigung weitergeleitet. Die rechtssichere Abzeichnung kann z.B. durch digitale Signatur und Freigabe erfolgen. Eine solche Prozessabfolge würde den Aufwand für alle Beteiligten erheblich reduzieren. In der Abbildung ist dieser automatisierte Ablauf der Reisekostenabrechnung schematisch dargestellt.
Das Einsparpotenzial ist selbst bei einfachen linearen Prozessen erheblich. Die digitale Transformation ist ein branchenübergreifender Trend, der bei immer mehr Unternehmen auf der Agenda steht. In vielen Fällen ist es sinnvoll, sich diesem großen Thema in kleinen Schritten zu nähern. Dabei steigt der Nutzen einer Automatisierungslösung mit der Häufigkeit der Anwendung des betrachteten Prozesses. Probieren Sie es einfach aus und lenken Sie die interne Reisekostenabrechnung oder andere Standardprozesse in digitale Bahnen. Es lohnt sich!