Von der Prozessbegrenzung zur Prozessberatung

Die ersten zwei Teile dieser Blogserie haben dargestellt, wie IT und Geschäftsführung in vielen Unternehmen aneinander vorbeireden, weil sie völlig unterschiedliche Perspektiven einnehmen. Daran sind, so meine These, die IT-Abteilungen häufig selbst schuld, weil sie ihre Bedeutung falsch einschätzen. Wie es besser geht, aber auch in welche Fallen IT-Abteilungen oft tappen, war das Thema im vorangegangenen Beitrag. Offensichtlich ist es nicht ganz einfach für „die IT“, sich aus ihrer Lage zu befreien.

Wie emanzipiert sich also die IT-Abteilung von ihrer undankbaren Rolle, die sie vielleicht nicht selbst gewählt hat, aus der sie bislang aber auch nicht ausgebrochen ist? Aus meiner Sicht gehört dazu, dass „die IT“ sich auf Prozessberatung orientiert, statt Prozessbegrenzung zu betreiben. Das klingt groß und abstrakt, daher fassen wir es pragmatischer: Die IT-Abteilung sollte aufhören, Ungeplantes als Störung einzuordnen und es stattdessen als Chance zur Verbesserung betrachten.

Noch nicht konkret genug? Gut, vielleicht klingt es auch ein wenig nach Motivationstrainer. Nehmen wir ein Beispiel: Anke Fielmalz aus dem Marketing meldet sich beim IT-Support, weil am Rechner etwas nicht klappt, was sie tun möchte. Supporter Paul Ahner hört sich ihr Anliegen kurz an und teilt ihr dann mit: „Was Sie vorhaben, kann auch nicht gehen, dazu haben Sie gar keine Berechtigung.“ Statt die Sache auf diesem Weg abzuhandeln, wäre ja auch denkbar, dass er erkennt: „Oh, das ist ja interessant. Anscheinend haben Sie da einen Bedarf, den wir bislang gar nicht decken. Lassen Sie uns mal schauen, wie wir das künftig ermöglichen können.“

Um das Ganze nun ins Praktische zu wenden, möchte ich Ihnen zum Abschluss unserer Blogserie vier Schritte vorschlagen, wie IT-Abteilungen sich in eine Position bringen können, die zum Erfolg des Unternehmens beiträgt.

Erstens: Anwender (und das Unternehmen!) ernst nehmen

Für den Beitrag zum Geschäftserfolg ist dies wahrscheinlich schon der wichtigste Schritt. Und es ist derjenige, den man jeden Tag umsetzen kann. Primär ist IT dazu da, damit ihre Anwender damit arbeiten können. Die meisten Anwender arbeiten nicht in der IT-Abteilung, sondern in verschiedenen Fachabteilungen des Unternehmens. Und das bedeutet, dass sie mit einem anderen Blick auf ihren Rechner und die Applikationen schauen als die Admins. Dieser Blick mag weniger technisch orientiert sein, und er mag an einigen digitalen Besonderheiten vorbeigehen – aber der Blick ist sinnvoll, denn es ist der Blick der Fachpraxis. Wenn die IT-Profis das akzeptieren, haben sie einen großen Schritt gemacht, denn nun können sie Fragen, Probleme und Verhaltensweisen der „User“ richtig einordnen und sie ernst nehmen.

Zweitens: Gemeinsame Vision und Ziele entwickeln

Hat die IT ihre Position im Unternehmen neu bestimmt, dann kann sie diese zu einer Plattform umwandeln, von der aus sie weiterkommt. Eine Vision davon, was IT künftig für das Unternehmen bedeuten kann, bildet die Grundlage, um eine Entwicklung einzuleiten. Das muss nicht immer ein „Moonshot“ sein. Wie weit die Vision von dem aktuellen Zustand der IT-Abteilung entfernt sein kann, werden deren Mitglieder gut einschätzen können.

Aus meiner Erfahrung fehlt vielen IT-Abteilungen neben einer business-kompatiblen Vision eine Struktur innerer Führung und Kommunikation. Ein zunächst simples Gerüst kann den Einstieg bilden: Jour fixes, agile Methoden mit häufigen Reviews und Feedback, Eigenverantwortung für Teams und ihre Mitglieder. Es ist erstaunlich, welchen Schub an Motivation und Selbstorganisation manchmal schon kleine Änderungen auslösen können.

Drittens: Fachexpertise akzeptieren

IT-Spezialisten sind Experten ihres Fachs, verstehen sich aber oft als Magier. Im Business-Alltag ist Zauberei allerdings seltener gefragt, hier kommt es auf Fachexperten an, die einfach wissen, was sie tun. Genau wie der Kollege in der Buchhaltung seine Arbeit hervorragend erledigt, die Lageristin die interne Logistik sehr gut im Griff hat, braucht es auch in der IT Leute, die ihre Arbeit richtig gut machen. Also sollten die IT-Abteilungen ihre Systeme zunächst einmal als Werkzeuge akzeptieren und sie nicht zum Inhalt ihres Tuns erheben.

Es mag trivial erscheinen, doch es zeigt sich immer wieder: Nur wenn man die IT-Technik von ihrem Sockel hebt, kann man ihren tatsächlichen Nutzen für das Geschäft erkennen. Dann steht nicht der Aufbau des Netzwerks im Vordergrund, sondern das, was man damit tun kann. Erst dadurch gewinnt die IT einen Status als Beitrag zur Wertschöpfung.

Viertens: Learn Business – die Sprache des Geschäfts sprechen

Will die IT einen respektierten Platz im Unternehmen, dann muss sie sich unternehmerisch verhalten. IT-Abteilungen verstehen sich traditionell als „technisch“. Ihr Tagesgeschäft ist eine unverzichtbare Infrastruktur. Das verführt dazu, die eigene Arbeit vom Business zu trennen. Dadurch fehlen der IT-Abteilung die Mittel, sich in der Geschäftswelt zu behaupten. Vom Nutzen her zu argumentieren und damit Kosten zu relativieren, sind Admins nicht gewöhnt.

Taktisches Auftreten ist vielen IT-Leitern fremd. Für andere Teile des Unternehmens hingegen ist es der Normalfall. Die IT sollte sich darauf einstellen und die Sprache des Business erlernen. Das hilft nicht nur in Budgetverhandlungen, sondern es ist unerlässlich, um als Partner im Business wahrgenommen zu werden.

Erst wenn die IT sich selbst ernst nimmt, wird sie auch ernst genommen. Ich finde, es lohnt sich, den Aufbruch zu wagen.

Und wie geht’s von hier aus weiter?

Ich will Ihnen nichts vormachen. Der Wandel, den ich in dieser Blogserie beschrieben habe, ist durchaus groß. Das macht man nicht „mal eben“. Darum geht es aber auch nicht. Ich möchte Ihnen eine Perspektive aufzeigen, die ich für hilfreich halte. Den Weg können Sie selbst festlegen – vielleicht helfen Ihnen die vier Schritte, die ich vorgeschlagen habe. Und gern können wir uns darüber unterhalten – überhaupt ist es in dieser Situation gut, miteinander zu reden, auch und gerade innerhalb des Unternehmens.

Sie haben Ideen oder Anmerkungen dazu? Ich freue mich, von Ihnen zu hören.

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